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INTERVIEW
Drehbänke, Fräsmaschinen und Computermodelle
Sie wurden 2018 Vizemeister an den Swiss- Skills in Bern. Wie haben Sie den Wettbe- werb erlebt?
Zur Vorbereitung konnte ich in einem kleinen Betrieb an Übungsteilen arbeiten, das hat mir sehr geholfen. Denn am Wettbewerb wurde mit einem anderen System gearbeitet, als ich das vom Geschäft her gewohnt war. Der Wechsel ist nicht ganz ohne, das kann man sich in etwa so vorstellen, wie wenn jemand von einem iPhone zu Android wechseln würde. Jeweils am Feier- abend und wenn gerade nicht viele Aufträge im Haus waren, nahm ich mir Zeit, um mich hier vorzubereiten.
War die Aufgabe am Wettbewerb eine, die Ihren Berufsalltag gut widerspiegelt – ab- gesehen natürlich von Dingen wie dem Zeitdruck?
Die Aufgabe hat eigentlich gut auf den Alltag gepasst, aber natürlich ist der Rahmen nor- malerweise ein anderer. Im Geschäft geschieht das Fräsen zum Beispiel fast ausschliesslich maschinell, im Wettbewerb dagegen auch in konventioneller Weise, also von Hand. Als ich 2014 die Lehre begonnen habe, wurde noch recht viel auf diese Art gearbeitet, bei meiner Unterstiftin im dritten Lehrjahr sieht das schon ganz anders aus. Daran sieht man, wie schnell sich der Beruf ändert. Ausserdem war natürlich auch der Zeitdruck am Wettbewerb ein grosser Faktor. Das Programmieren stimmte, das Teil hat gepasst; nur beim Konstruieren hatte ich deswegen etwas Mühe, da habe ich Punkte liegengelassen.
Wie sprechend ist die Berufsbezeichnung Formenbauer – anders gefragt, ist man da hauptsächlich wirklich am Bauen oder eher am Entwerfen und Programmieren vor dem Bildschirm?
Das Bauen tritt da tatsächlich etwas in den Hintergrund, man ist mehr vor dem Bildschirm. Daneben gilt es dann, die Maschinen aufzu- spannen, und je nach Teil gibt es noch gewisse Abschlussarbeiten wie Schleifen, Lackieren oder Putzen, die durchgeführt werden müssen.
Patrick Ronner
Formenbauer EFZ, Formbar AG Vize-Meister an den SwissSkills 2018
In der Lehre hat man dagegen noch ab und zu ein Giessmodell gemacht und schon auch noch konventionell gearbeitet. Bei den heuti- gen Methoden steht nicht mal so sehr die Ge- nauigkeit, sondern vor allem die Schnelligkeit im Vordergrund – eine Maschine kann nun mal in dieser Hinsicht viel effizienter fräsen als ein Mensch. Auch die Möglichkeiten haben sich na- türlich total verändert; mit dem 3D-Drucker lassen sich mittlerweile höchst komplexe De- signs wie ein Hüftgelenk mit grosser Präzision umsetzen.
Wie sind Sie auf diese Lehre gekommen?
Ich war in der Schule zuerst unschlüssig, was ich machen wollte – Poly- oder Automechani- ker war da mal ein Thema. Dass ich eine hand- werkliche Begabung mitbrachte, bestätigte mir auch ein Lehrer, der mir anriet, mich in die- se Richtung umzuschauen. Auf einer Berufs- messe erhielten wir als Schüler den Auftrag, uns Notizen zu den einzelnen Berufen zu ma- chen – am Stand der Formbar AG bin ich dann hängengeblieben. Drehbänke und Fräsmaschi- nen kannte ich schon vom väterlichen Betrieb, und ich war schon immer ein Tüftler: Wenn’s zu Hause am Töff was zu schrauben gab, war ich sofort dabei. Daher kam sicher auch die Faszination an diesem Beruf. Bei der Formbar AG durfte ich dann gleich eine zweiwöchige Schnupperlehre machen.
Was finden Sie an Ihrem Beruf besonders spannend und herausfordernd?
Das ist keine einfache Frage, jede Firma hat so unterschiedliche Bereiche und Schwerpunkte. Auch die Ausbildung kann völlig anders ausse- hen; jemand laminiert in der Lehre viel, aber fräst weniger, bei der nächsten Person sieht es vielleicht genau umgekehrt aus. Was aber sicher ist: Die Arbeit wird nie monoton. Man lernt extrem viel: Fräsen, Schleifen, Lackieren, Fräsen mit der CNC-Maschine, man arbeitet da zum Teil auch mit Polymechanikern zusam- men. Und es ist schon ein besonderes Gefühl, wenn man die eigenen Arbeiten im Alltag wie- der antrifft, wenn man z.B. Carosserieteile im
Fernsehen sieht oder einen riesigen Kompass, der eigens für ein Schiff auf dem Vierwaldstät- tersee konstruiert wurde, im Einsatz begutach- ten kann.
Welche Fähigkeiten sollte man als ange- hende/r Formenbauer/in Ihrer Meinung nach mitbringen?
Dazu gehört sicherlich einmal handwerkliches Geschick, aber auch ein gewisses technisches Verständnis, früher noch was konventionel- le Methoden angeht, heute eher in Bezug auf die Informatik. Immer weniger braucht es wohl im Allgemeinen das bildliche Vorstellungsver- mögen, denn mit den CAD-Modellen werden Projekte immer gleich in allen Details ersicht- lich. Das kommt aber ein wenig auf den Auftrag an; manchmal ist durchaus auch Kreativität gefragt, wenn man Zeichnungen mal selbst herstellen muss. Ca. zwei- bis dreimal im Jahr kommt vielleicht ein Giessereimodell, für das die 3D-Daten nicht vorhanden sind.
Was schätzen Sie an der Arbeit
in Ihrem Betrieb, der Formbar AG?
Was ich besonders toll finde, sind die vielen unterschiedlichen Gebiete, in die man Einblick bekommt. Die Vielfalt ist nicht nur im Beruf all- gemein, sondern sogar schon innerhalb des Betriebs riesig.
Was sind Ihre Pläne für die
nahe berufliche Zukunft?
Im Moment bleibe ich sicher noch eine Zeit lang bei der Formbar AG. In näherer Zukunft möchte ich mir dann eine Weiterbildung ins Auge fas- sen; wo und in welche Richtung ist aber noch nicht klar.
Wir danken Herrn Ronner herzlich für das inter- essante Interview und wünschen ihm für die Zu- kunft alles Gute!
Ausgabe 2020
Top Lehrbetriebe
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